Den Start in unser erstes gemeinsames Zuhause als Patchwork-Familie habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. Ich malte es mir idyllisch aus, wie wir gemeinsam Kisten auspacken, gemeinsam die Orte auswählen, wo unsere jetzt gemeinsamen Habseligkeiten verteilt und platziert werden sollten und wie wir nach und nach noch fehlende Möbelstücke, Bilder an den Wänden etc. aussuchen. Schon unter normalen Umständen wäre das wohl eher ein Wunschtraum gewesen…aber träumen ist ja erlaubt.
Durch den Covid-19 Ausbruch und die daraus folgende globale Pandemie kam alles anders. Noch bevor offiziell entschieden wurde, ein Kontaktverbot auszusprechen, haben wir uns entschlossen unseren Umzug einen Tag vorzuziehen und alle Umzugshelfer auszuladen, bis auf einen. Zu dritt haben wir einen Tag lang Kisten und Möbel geschleppt. Fix und fertig sind wir also in die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie geschlittert – begleitet von der Ankündigung, dass ich ab sofort bis auf Weiteres zu 100% in Kurzarbeit sein werde. Für mich, die sich maßgeblich über ihre Arbeit definiert, war das ein Schock. Und so bin ich von heute auf morgen in eine andere Rolle geschlüpft: die der Vollzeit-betreuenden Bonusmama.
Mein Freund hat eine Tochter, die zu 50% bei ihm lebt (Pendelmodell). Da er weiter (und dann von zu Hause aus) gearbeitet hat, habe ich in „unserer“ Woche auf die Kleine aufgepasst. Da sie noch in den Kindergarten geht, war Homeschooling zwar kein Thema – die Tage können aber verdammt lang sein, wenn man nicht raus darf und die Spielplätze gesperrt sind. Es war sehr intensiv, sehr herausfordernd und nicht immer Sonnenschein, aber wir haben die Situation zu dritt gut hinbekommen. Nach und nach konnte ich meine „Super-(Bonus)Mama-Skills“ (Zitat mein Freund) weiterentwickeln und bin gefestigter in meiner Entscheidung auch eigene Kinder bekommen zu wollen. Ich bin mir aber auch sicher, dass ich meine Arbeit brauchen werde. Dafür bedarf es einer starken Partnerschaft und „new men“ bzw. „new women“ – wir alle müssen gemeinsam die Rollenbilder verändern und aktiv daran arbeiten, dass Familienarbeit geteilte Arbeit ist.
Was habe ich gelernt in dieser Zeit?
Als Paar braucht man eine gemeinsame Linie und muss sich gegenseitig den Rücken stärken– umso wichtiger, wenn man in einer Patchworkfamilie lebt
Gestehe dir Qualitätszeit mit dir selbst zu – nimm dir Auszeiten
Fehler machen auch leibliche Eltern, also sei gnädig mit dir
Der Sommer ist endlich auch hier angekommen und inzwischen habe ich auch wieder etwas Regelmäßigkeit und Normalität in Aussicht: der Kindergarten geht wieder los und auch ich werde ab Juli wieder 2 Tage pro Woche arbeiten.
Und nun sitze ich hier und traue mich endlich über meine Erfahrungen öffentlich zu schreiben. Gefällt Euch der Blog und das Thema? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar.
Eure Julia
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